 WV-Nr: 2017-06
"Im Rhythmus des Herzschlags" 2017 43 x 43 cm, Acryl auf Leinwand
 WV-Nr: 2013-05 "Augen-Blick" 2013 70 x 80 cm, Acryl auf Leinwand
 WV-Nr: 2015-06
"colored jungle" 2015 70 x 80 cm, Acryl auf Leinwand
|
Die abstrakte Malerei im Wandel Von Kandinsky zu Fritz und den Tendenzen des 21 Jh.
*Von Malenka Radi*
Abstrakte Malerei hat in ihrer mehr als einhundertjährigen Geschichte immer wieder neue Formen und Ausdrucksmöglichkeiten gefunden. Sie war nie ein abgeschlossener Stil, sondern eine lebendige Sprache, die sich den Herausforderungen und Fragen ihrer jeweiligen Zeit stellt. Von Wassily Kandinsky, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit seiner theoretischen Abhandlung *Über das Geistige in der Kunst* den Grundstein für eine autonome Farb- und Formensprache legte, bis hin zu Künstlern wie Reinhard Fritz, der in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit subtilen, schichtweisen Aquarelltechniken neue Wege der Abstraktion erforschte, hat sich die abstrakte Malerei als Dialog zwischen Tradition und Innovation bewährt.
Doch wie sieht dieser Dialog im 21. Jahrhundert aus? Welche Impulse gibt es heute in der abstrakten Kunst, und wie lassen sich Werke wie die von Reinhard Fritz in diesen größeren Zusammenhang einordnen?
Kandinsky und die Anfänge der Abstraktion
Die abstrakte Malerei begann als ein radikales Gegenprogramm zur traditionellen Kunst. Kandinsky wollte die äußere Realität hinter sich lassen und die innere, geistige Dimension der Kunst erschließen. Seine Farbenlehre – die Vorstellung, dass Farben wie Blau, Rot oder Gelb eine innere Resonanz besitzen, die unabhängig von der dargestellten Form ist – wurde zum Grundsatz einer neuen, spirituellen Bildsprache.
Diese Grundidee, dass Kunst über Farbe und Form Emotionen und Reflexionen auslösen kann, hat Künstlergenerationen inspiriert. Kandinskys Einfluss lässt sich bis in die Werke von Reinhard Fritz hinein verfolgen, der jedoch einen viel subtileren Zugang wählt. Während Kandinsky auf eine starke Dynamik von Form und Farbe setzte, entwickelt Fritz in seinen Aquarellen eine Atmosphäre der Ruhe und Reflexion.
Fritz: Schichten der Bedeutung
Reinhard Fritz’ Werke wie *Bernsteinmeer* (1981) oder *Im Garten der Lüste* (1982) sind geprägt von einer Technik, die Farbe in Schichten aufträgt und dabei die Transparenz der Aquarellmalerei nutzt. Seine Bilder erinnern an natürliche Erscheinungen – Wellen, Himmel, Lichtreflexe – ohne diese direkt abzubilden. Es ist eine Abstraktion, die sich weniger vom Gegenständlichen distanziert, sondern es vielmehr auflöst und transformiert.
Fritz’ Werke stehen im Dialog mit der Natur, ohne sie zu imitieren. Seine Malweise eröffnet dem Betrachter Räume, die gleichzeitig offen und geheimnisvoll sind. Diese meditative Qualität unterscheidet ihn nicht nur von den expressiven Ansätzen Kandinskys, sondern auch von den oft konzeptuellen Strategien der abstrakten Malerei im späten 20. Jahrhundert.
 WV-Nr: 2015-04
"grow up" 2015 70 x 80 cm, Acryl auf Leinwand
|
Neue Tendenzen: Abstraktion im 21. Jahrhundert
Die abstrakte Malerei hat im 21. Jahrhundert viele neue Impulse erfahren, die sowohl auf technologische Entwicklungen als auch auf gesellschaftliche Veränderungen zurückzuführen sind. Digitale Kunst, KI-generierte Werke und hybride Formen, die Malerei mit Fotografie, Installation oder Performance verbinden, haben die abstrakte Kunst erweitert. Doch trotz dieser Diversifikation bleibt das Spiel mit Farbe und Form ein zentraler Aspekt.
Aktuelle abstrakte Malerei zeigt oft eine Rückkehr zur Materialität: Künstlerinnen und Künstler experimentieren mit ungewöhnlichen Medien – Pigmenten, Harzen, Textilien – und schaffen Werke, die sowohl visuell als auch haptisch wirken. Die Grenzen zwischen Malerei und Skulptur verschwimmen, und dennoch bleibt die Frage nach der Wirkung von Farbe auf den Betrachter ein Kernmotiv.
Fritz im Kontext der Gegenwart
Reinhard Fritz, dessen Werk sich vor allem durch die Feinheit und Komplexität seiner Farbschichten auszeichnet, könnte heute als Brücke zwischen der Tradition und den neuen Tendenzen der Abstraktion verstanden werden. Seine Arbeiten zeigen, dass abstrakte Malerei keine technologischen Effekte benötigt, um tiefgreifend und relevant zu sein. Die Transparenz und Tiefe seiner Aquarelle laden den Betrachter ein, eine Verbindung zwischen der äußeren Welt und der inneren Wahrnehmung herzustellen.
In einer Zeit, in der visuelle Reize oft überfluten und überfordern, bietet Fritz’ Malerei einen Raum der Kontemplation. Sie erinnert daran, dass Abstraktion nicht nur eine Befreiung von der Form ist, sondern auch ein Rückzug ins Essentielle – in Farbe, Licht und Bewegung.
Abstrakte Malerei heute: Ein offenes Feld
Der Vergleich von Kandinsky und Fritz mit den heutigen abstrakten Positionen zeigt, dass die abstrakte Malerei kein starres Regelwerk ist, sondern eine Einladung zum Experimentieren. Sie hat sich in den letzten Jahrzehnten von einem rein künstlerischen Medium zu einer vielgestaltigen Plattform entwickelt, die kulturelle, ökologische und technologische Fragen reflektiert.
Doch bei aller Innovation bleibt die Grundfrage, die Kandinsky vor über einem Jahrhundert stellte, aktuell: Wie erreichen Farben und Formen die Seele des Menschen? In einer Zeit der digitalen Dominanz gewinnt die handwerkliche Präzision und emotionale Resonanz von Künstlern wie Fritz eine neue Bedeutung. Seine Werke sind ein Plädoyer dafür, die Tiefe und Schönheit der Malerei zu bewahren und weiterzuentwickeln – ein Beitrag zur abstrakten Kunst, der auch im 21. Jahrhundert nichts von seiner Strahlkraft verliert.
 2010-68
"Wasserschichten" 2010 25 x 30 cm, Acryl auf Papier
|