WV-Nr: 1975-76
"Eu 750808 L" Euböa 1975
56 x 71 cm, Aquarell



WV-Nr: 1978-94
"Flügel" 1978
50 x 60 cm, Aquarell



WV-Nr: 1979-16
"Blaue Feder" 1979
105 x 44 cm, Acryl auf Leinwand



WV-Nr: 1980-04
"Am Ende des Höhenflugs" 1980
150 x 200 cm, Acryl auf Leinwand



WV-Nr: 1981-04
"Blatt um Feder um Blatt" 1981
200 x 270 cm, Acryl auf Leinwand



WV-Nr: 1991-05
"Toskanischer Sommer" 1991
70 x 80 cm, Acryl auf Leinwand



WV-Nr: 1982-80
"Liebeszauber", Künstlerbuch mit Originalgrafik
Bild- und Zeichenfindungen von Reinhard Fritz
zu zwei Gedichten von Theokrit
Übersetzung von Franz Tinnefeld
nummerierte und signierte Auflage



WV-Nr: 1991-89
"... denn vor dem Tod, da kommt erst die Liebe"
München 1991
Gedichte und Lieder von Wolfram Reisch (1931-1998)
Aquarelle und Layout von Reinhard Fritz.
Sonderausgabe zum 60. Geburtstag des Autors
TEXT-ARCHIV

Federbilder und andere Motive.

Reinhard Fritz im Gespräch mit Horst Ludwig

Dieses Gespräch wurde im Januar 1992 im Atelier des Künstlers geführt und im Herbst desselben Jahres im Katalog zur Ausstellung in der Städtischen Galerie Tuttlingen veröffentlicht. Es ist auch heute noch erstaunlich aktuell.

Horst Ludwig:
Lieber Reinhard, ich kenne Dich seit 1973, seit einem Zeitpunkt, als das Malen für Dich eher verschüttet war. Damals warst Du mit den Vorbereitungen zu Deinem Examen an der Münchner Akademie beschäftigt, hattest aber andere Interessen. Seit Mitte der siebziger Jahre begannst Du wieder zu Malen. Ich glaube mit den Federmotiven. Wie kamst Du zu dem Motiv und wie zu der Technik?

Reinhard Fritz:
Vor dem Staatsexamen 1974 beschäftigte ich mich vorwiegend mit Musik, d.h. ich spielte Flöte und andere Instrumente bei Sessions mit meinen Musiker-freunden. Erst nach dem Examen und nachdem ich 1975 den Schuldienst verlassen hatte, begann ich wieder zu malen. Unter der Weite des griechischen Himmels, auf der Insel Euböa, schrieb ich freie Zeichen mit Pinsel und Aquarellfarben auf große Papiere. Meine Gefühle und Befindlichkeiten in der sommerlichen Landschaft im Schatten aromatisch riechender Kiefern verschmolz mit den Farben der Natur. Hinzu kam ein Kompositionswille, der die Fläche rhytmisch gliederte. So entstanden Blätter, auf denen Musik zu sehen und zu empfinden war. Zurück in meinem Münchner Atelier entstanden Monate später durch Bündelungen erste Flügel. Ich beschäftigte mich mit Träumen vom Fliegen, und weil ich es genauer wissen wollte, zerlegte ich die Flügel. Die einzelnen Farbstriche und Flecken waren die Federn. Wie mit einer Lupe näherte ich mich dem Objekt. Es entstanden riesige Federn auf Papier und Leinwand. "Am Ende des Höhenflugs" (so ein Bildtitel), als Ikarus der Sonne zu nahe kommt, schmilzt das Wachs der künstlichen Flügel. Die Federn schweben herab, liegen verstreut auf dem Boden. Ein Augenblick der Ruhe. Dann werden sie erneut Material (für den Maler). Die ausgesparten (weißen) Federn in großer Zahl ergeben das Motiv für die ersten großformatigen Leinwandbilder. Dabei gelingt es mir, die Maltechnik des Aquarells, in der für mich viel Musikalisches mitschwingt, auf große Leinwände zu übertragen.

Horst Ludwig:
Mir fällt auf, dass Du die Acryltechnik immer mehr elaborierst. Aber auch thematisch umkreist Du immer wieder einfache Formen wie lanzettförmige Federn oder Fische. Bedeutet das, dass Du ein Thema solange variierst, bis für Dich die Möglichkeiten ausgeschöpft sind?

Reinhard Fritz:
Mit stark verdünnten Acrylfarben zu malen ist eine sehr schwierige Technik, da man die flüssige Farbe nur schwer kontrollieren kann. Eigentlich entsteht hierbei interessante Malerei nur, wenn man sehr schnell und spontan in der Lage ist, die Anregungen des Materials aufzunehmen und in sein Bildkonzept zu integrieren. Das Artistische der Malweise ist bei mir ein Nebenprodukt einer immer genauer formulierten Balance gegensätzlicher Kräfte. Mein Formen-vokabular wird ständig erweitert. Es geht mir nicht darum, Möglichkeiten zu variieren, vielmehr möchte ich die in mir aufsteigenden Visionen in Bilder fassen. Die Formen treten in Widerstreit zur Farbe, ohnen deren Folie sie nicht existieren würden. Wie im Spiel ändere ich von Bild zu Bild immer wieder Vorgaben und Regeln, um Neues zu finden. Dabei gilt es jeweils eigene Widerstände zu überwinden.

Horst Ludwig:
Kann man vielleicht sagen, dass bereits in den Federbildern der Keim zu den folgenden Werken steckt?

Reinhard Fritz:
Das kann man sagen; vor allem was die Ikarusbilder betrifft: den Augenblick nach dem Absturz, die Ruhe, die Besinnung, der neue Anfang. Die Wandlung.

Horst Ludwig:
Welche Vorbilder hattest Du?

Reinhard Fritz:
Paul Klee, Julius Bissier, Henry Micheaux, Henry Matisse, Claude Monet.

Horst Ludwig:
Aha.
Wie standest Du damals zu Deinem Akademielehrer Raimer Jochims? Wie beurteils Du ihn heute?

Reinhard Fritz:
Raimer Jochims hat mich als Lehrer sehr beeindruckt. Der Lernprozess fand vorwiegend in der Gruppe (Malklasse) statt. In mehrstündigen Bildanalysen von jeweils einem Studierenden erschlossen wir gemeinsam die vielen möglichen Dimensionen des Bildes. Immer stand das Bild im Mitelpunkt, nicht der Maler und seine Attitüden. Für mein Staatsexamen hatte ich ja noch zahlreiche weitere Lehrer (Professoren) aus den verschiedenen Werkstätten und an anderen Fakultäten (Universität). Nach Beendigung meiner schulischen Lehrtätigkeit fing ich an, mich auf das für mich Wesentliche zu besinnen. Bis heute habe ich noch gelegentlich Kontakt mit Jochims, und wir haben auch schon Bilder getauscht.

Horst Ludwig:
Du arbeitest nicht allein mit Acryl, sondern auch als Aquarellist. Welchen Stellenwert nehmen die Aquarelle in Deinem Oeuvre ein, technisch und inhaltlich?

Reinhard Fritz:
Am Anfang (1975) malte ich fast nur Aquarelle, erst später (1979) entstanden Leinwandbilder mit Acrylfarben. Für mich sind die Aquarelle wesentlicher Bestandteil meiner Arbeit. Sie sind mein Labor, mein Seismograph, mein Barometer. Sie begleiten mich auf Reisen und entstehen oft im freien, in der Landschaft, oder in Hotel- und Gästezimmern. Sie entstehen spontan und oft in Werkgruppen. Die Acrylbilder, vor allem die großen Formate, werden mehr geplant. Ich mache eine Ideen- und Skizzensammlung auf kleinen Kärtchen. Wenn ich dann zu Malen anfange, suche ich mir ein Kärtchen mit einem Thema, das mir gerade nahe ist. Viele Bildideen bleiben daher zunächst unrealisiert, manche werden später verändert aufgegriffen.

Horst Ludwig:
Du hast mehrere Bücher illustriert, zuletzt Gedichte und Lieder von Wolfram Reisch (1991). Wie unterscheidet sich die Arbeit solcher Illustrationen von den Aquarellen und vor allem von den großen Gemälden?

Reinhard Fritz:
Aus einem vorliegenden Text, aus dem Fluss der Worte, filtere ich Bilder heraus und male sie. Diese Bilder beeinflussen wiederum die Rezeption des Textes, der nun seinerseits wiederum die Bildbetrachtung strukturiert. Diese Pendelbewegung interessiert mich bei der Arbeit mit Literatur. Bei den Aquarellen und den großen Bildern ist das anders. Die bilder entstehen aus nicht-sprachlichen Schichten meines Bewusstseins. Wenn sie realisiert sind, erzählen sie mir Geschichten. Diese Geschichten versuche ich im Titel anzudeuten.

Horst Ludwig:
Das heisst also, dass erzählbare Inhalte nicht die Motivation zu Deinen Gemälden sind, sie können aber bisweilen eine Folge des Malens sein. Darf ich trotzdem nach dem Gehalt Deiner Bilder fragen? 1980 schrieb Arnin Zweite: "Alles bleibt offen und mehrdeutig," Kannst Du das so bestätigen oder modifizieren?

Reinhard Fritz:
Meine Bilder erzählen von Augenlust und Sinnenfreude, vom Sterben und Geborenwerden, vom Wachsen, von Erregung und Ruhe, von Zuständen also, die einer ständigen Wandlung unterworfen sind. Sie sind offen für Kontemplation und mehrdeutig wie das Leben selbst.

Horst Ludwig:
Wie baust Du technisch Deine Bilder auf?

Reinhard Fritz:
Ich lege Wert auf einen soliden Farbaufbau. Die rohe, aufgespannte Leinwand wird mehrfach vorgeleimt und mit einer selbst hergestellten Grundierfarbe mehrfach grundiert. Die so vorbereitete Leinwand liegt auf dem Boden unter einem flachen, verschiebbaren Arbeitsgerüst. Die stark mit Wasser verdünnte Acrylfarbe wird mit weichen Haarpinseln zügig aufgetragen. Ohne Vorzeichnung werden dabei Formen ausgespart. Der Trocknungsprozess muss genau beobachtet und überschüssige Farbe abgetupft werden. Nach dem Trocknen kommt der zweite Malgang usw. Der entgültige Farbeindruck entsteht durch die optische Mischung aller überlagerten Farbschichten. Zum Schluss werden die Schatten gesetzt.

Horst Ludwig:
Lasssen sich künstlerische Ziele in der Zukunft benennen?

Reinhard Fritz:
Ein Gedicht von Jean Arp veranschaulicht noch immer meinen Weg:
"Nachdem er Blatt um Feder um Blatt abgelöst hatte, entschloss er sich, das feste Erdreich für immer zu verlassen, und sich fortan hoch, hoch oben in der Schwebe zu verhalten."

Horst Ludwig:
Ich kenne die Schwierigkeiten eines jüngeren Malers mit dem Kunstmarkt, den Galerien, den öffentlichen Ausstellungen usw. Wie waren Deine Erfahrungen mit den Mechanismen des Kunstmarktes? Was strebst Du in dieser Richtung an?

Reinhard Fritz:
Ich habe von Anfang an sehr viel selbst in die Wege geleitet: Galeriekontakte, eigene Atelierausstellungen, Ausstellungen mit Kollegen, Museumsankäufe usw. Je mehr ich im Laufe der ersten Jahre die Arbeit der Kunstvermittlung und des Kunsthandels kennengelernt habe, desto eher war ich bereit, sie abzugeben. Mit meinen eigenen Aktivitäten aber legte ich die Latte des Anspruchs auf Effektivität immer höher. Heute (1992), nach 16 Jahren freiberuflicher Tätigkeit als Künstler, habe ich meinen kleinen Kunstbetrieb gut im Griff. Ich habe Kontakt zu meinem Publikum, zu meinen Galeristen und Autoren.
Doch wenn ich mich in meine Malerei vertiefe, dann vergesse ich das alles. Dann zählt nur das Hier und Jetzt, der Augenblick des Tuns.

Horst Ludwig:
Ich danke Dir für das Gespräch.


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